Regierungspräsidentin: "Unsere Arbeit wird konterkariert"


„Frankreich macht es deutschen Handwerkern bewusst kompliziert.“ Handwerkskammerpräsident Johannes Ullrich macht aus seinem Ärger über die immer neuen Verschärfungen in der französischen Gesetzgebung keinen Hehl. „Die Nachfrage von Seiten der französischen Kunden ist da. Unsere Betriebe arbeiten seit Jahren gerne in Frankreich. Alles in allem stehen diese bürokratischen Hürden damit im krassen Gegensatz zu dem Ziel eines grenzüberschreitenden Miteinanders.“
Hürden

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Die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, die gemeinsam mit dem Europaabgeordneten Dr. Andreas Schwab am 24. Juli zu einem Pressegespräch in die Gewerbe Akademie der Handwerkskammer gekommen ist, teilt die Einschätzung Ullrichs: „In der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ist so viel Dynamik. Die aktuellen Maßnahmen auf französischer Seite riskieren die eigentlich positive Entwicklung. Unsere Arbeit wird konterkariert.“

Um was geht es genau? Zum einen geht es um die Meldung entsandter Mitarbeiter. In der Sache kein Problem, in der Form schon. Die Betriebe müssen hierfür einen Vertreter mit Postanschrift in Frankreich melden, der der französischen Sprache mächtig ist und als Ansprechpartner für französische Behörden jederzeit greifbar sein muss. Das gestaltet sich in der Realität vor allem für Kleinaufträge und kurzfristige Einsätze als sehr schwierig und teuer. Konsequenz: Die Aufträge werden nicht angenommen. Das gravierendere Problem: Der so genannte Baustellenausweis, die Carte BTP: Jeder Arbeiter in Frankreich muss solch eine Karte mit sich führen.

Hierbei gibt es jedoch eine klare Ungleichbehandlung von französischen und deutschen Betrieben. Französische Angestellte bekommen diese Karte für die gesamte Zeit ihres Arbeitsverhältnisses, deutsche Betriebe müssen diese Karte für jeden Auftrag neu beantragen. Bis die Karte da ist - nach Deutschland wird sie erst gar nicht geschickt, sondern nur an die gemeldeten französischen Adressen - vergehen zwei Wochen, eine vorläufige Bewilligung dauert bis zu zwei Tage. Konsequenz: Kurzfristige Auftragsannahmen im Notfall sind nicht möglich. Ab 2018 werden zudem die Kosten steigen. War die Meldung entsandter Mitarbeiter bislang kostenlos, wird diese für jeden Beschäftigten dann 40 Euro kosten. Für die Carte BTP kommen nochmal rund 10 Euro oben drauf. Verstöße gegen diese Bestimmungen werden mit Bußgeldern von bis zu 2.000 Euro pro Mitarbeiter geahndet.
 
Die deutschen Betriebe ziehen sich aus dem französischen Markt zurück. Aktuell sind es schätzungsweise um die 50 Prozent - und es werden mehr. Mittlerweile beschweren sich die französischen Kunden bei der europäischen Verbraucherzentrale in Kehl, dass sie keine deutschen Handwerker mehr bekommen. „Es handelt sich um europarechtswidrige Bestimmungen. Wir müssen in der Region mit einer Stimme dagegen sprechen. Wir müssen zur Verhältnismäßigkeit mahnen.“ Der Europaabgeordnete Schwab macht aus seiner politischen Bewertung des Sachverhalts kein Geheimnis und setzt diesen in einen größeren Rahmen. „Das ist ein europapolitisches Problem. Diese Schwierigkeiten sehen wir nicht nur an der deutsch-französischen Grenze.“

Was tun? „Wir werden auf der fachlichen Ebene versuchen, zu Erleichterungen im Alltag zu kommen“, kündigt Schäfer an. Auf anderer Ebene müsse man an die eigentlichen Gesetzesregelungen ran. Schwab wagt abschließend einen Ausblick, was ansonsten drohe: „Solche Bestimmungen verderben dem Handwerk nicht nur den Spaß an der Arbeit, sondern auch an Europa. Wenn diese Regeln Alltag werden, wird die grenzüberschreitende Zusammenarbeit am Oberrhein kein Alltag bleiben.“